Hashimoto und Frozen Shoulder – wie Gelenkschmerzen mit der Schilddrüse zusammenhängen können
- Dr. Christian Lunow
- vor 21 Stunden
- 3 Min. Lesezeit
Die Hashimoto-Thyreoiditis ist eine Erkrankung, die den gesamten Körper betreffen kann. Müdigkeit, Gewichtszunahme, Kälteempfindlichkeit und depressive Verstimmungen zählen zu den klassischen Symptomen. Was jedoch viele nicht wissen: Auch bei Gelenkschmerzen und -steifigkeit – wie der schmerzhaften „Frozen Shoulder“ – sollte ein möglicher Zusammenhang mit der Hashimoto-Thyreoiditis unbedingt überprüft werden.
Was ist eine Frozen Shoulder?
Die Frozen Shoulder (medizinisch: adhäsive Kapsulitis) ist eine entzündliche Erkrankung der Schultergelenkkapsel, bei der es zu einer starken Versteifung und zu Schmerzen im Schultergelenk kommt. Die Beweglichkeit ist erheblich eingeschränkt – vor allem das Heben des Arms wird zur Qual. Die Erkrankung verläuft typischerweise in drei Phasen:
1. Schmerzphase (2–9 Monate): Zunehmende Schulterschmerzen, vor allem nachts
2. Einsteifungsphase (4–12 Monate): Die Beweglichkeit nimmt drastisch ab, Schmerzen nehmen ab
3. Lösungsphase (bis zu 2 Jahre): Die Beschwerden lassen allmählich nach

Was sind Warnzeichen?
Typische Symptome der Frozen Shoulder sind:
Plötzlich auftretende, ziehende Schmerzen in einer Schulter
Deutliche Bewegungseinschränkungen, z. B. beim Heben des Arms oder beim Anziehen
Nächtliche Schmerzen, die den Schlaf stören
Zunehmende Steifheit – auch ohne erkennbare Verletzung oder äußeren Auslöser
Was hat Hashimoto mit der Schulter zu tun?
Die Hashimoto-Thyreoiditis ist eine Autoimmunerkrankung, bei der sich das Immunsystem gegen das eigene Schilddrüsengewebe richtet. Antikörper – vor allem gegen das Enzym TPO – lösen eine chronische Entzündung aus, bei der nach und nach Schilddrüsenzellen zerstört werden. Die Schilddrüse kann infolgedessen immer weniger Hormone produzieren.
Ein Mangel an Schilddrüsenhormonen kann auch die Funktion von Muskeln und Gelenken beeinträchtigen. Dieser Zusammenhang ist schon länger bekannt: Rheumatische Beschwerden und diffuse muskuloskelettale Symptome können auf eine Schilddrüsenunterfunktion hinweisen und lassen sich in vielen Fällen durch eine Hormonersatztherapie signifikant lindern.
Was bislang weniger bekannt ist: Bestimmte Gelenkbeschwerden wie die Frozen Shoulder können ebenfalls mit einer Hashimoto-Thyreoiditis zusammenhängen – selbst dann, wenn eine sogenannte euthyreote Stoffwechsellage vorliegt, also die Schilddrüsenhormonwerte im Normalbereich liegen. Studien zeigen, dass Patienten mit Hashimoto bzw. Hypothyreose ein zwei- bis dreifach erhöhtes Risiko für eine Frozen Shoulder haben.
Die genauen Ursachen dieses Zusammenhangs sind bisher nicht vollständig verstanden. In neueren Studien wird jedoch zunehmend deutlich, dass die TPO-Antikörper, die das chronische Entzündungsgeschehen bei Hashimoto begleiten, möglicherweise auch außerhalb der Schilddrüse – etwa in der Gelenkflüssigkeit und im Bindegewebe – eine Rolle spielen.
Eine chinesische Studie aus dem Jahr 2024 kam zu dem Schluss: Autoantikörper (TPO und TG) stehen in direktem Zusammenhang mit verminderter Lebensqualität, gesteigerter Entzündungsaktivität und vermehrten Beschwerden außerhalb der Schilddrüse.

Was kann man tun?
Wichtig ist, die Symptome ernst zu nehmen. Beschwerden einer Frozen Shoulder – wie plötzlich auftretende, ziehende Schmerzen in der Schulter – sollten unbedingt ärztlich abgeklärt werden. Typischerweise ist der erste Schritt eine orthopädische oder rheumatologische Untersuchung.
Eine Therapie mit schmerzlindernden Medikamenten aus der Gruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) – wie Ibuprofen oder Diclofenac – kann die Symptome vorübergehend lindern. Treten die Beschwerden jedoch erneut auf oder bessern sich nicht, sollte auch eine mögliche Hashimoto-Thyreoiditis in Betracht gezogen und gegebenenfalls gezielt behandelt werden.
Zur Behandlung zählen:
die Einstellung einer Hormonersatztherapie mit dem passenden Medikament in individuell optimaler Dosierung
die Reduktion entzündlicher Prozesse und Senkung der Antikörperkonzentration
die Kontrolle wichtiger Stoffwechselfunktionen wie Blutzucker- und Hormonregulation
Bei besonders hohen TPO-Antikörperwerten und ausgeprägter Symptomatik kann in Einzelfällen auch die operative Entfernung der Schilddrüse (Thyreoidektomie) eine therapeutische Option sein.
Fazit
Hashimoto betrifft mehr als nur die Schilddrüse. Wer unter plötzlich einsetzenden Schulterbeschwerden leidet, sollte auch die Schilddrüse in den Blick nehmen. Eine frühzeitige Diagnose der Frozen Shoulder – und eine gezielte Behandlung der Hashimoto-Erkrankung – können den Verlauf deutlich positiv beeinflussen.
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