Neue Studie: Hormonersatztherapie kann Darmgesundheit verbessern
- Dr. Christian Lunow
- vor 4 Stunden
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Eine Hormonersatztherapie bei Schilddrüsenunterfunktion kann mögliche Gesundheitsrisiken für den Dünndarm verringern. Das gilt vor allem bei autoimmunbedingter Schilddrüsenunterfunktion, etwa durch Hashimoto-Thyreoiditis. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie aus den USA, die Forschende auf dem Jahreskongress ENDO 2025 vorgestellt haben.
Wie die weltweit größte Fachgesellschaft für Hormon- und Stoffwechselmedizin, die amerikanische „Endocrine Society“ (Link: https://www.endocrine.org/news-and-advocacy/news-room/endo-annual-meeting/endo-2025-press-releases/mathur-press-release?utm_source=chatgpt.com) mitteilt, lieferte die Untersuchung Hinweise darauf, dass die Schilddrüsenfunktion über den bekannten Stoffwechsel- und Hormonbereich hinaus auch stark mit der Darmgesundheit verbunden ist. Was das für Menschen mit Hashimoto bedeutet.
Was haben die Forschenden gemacht?
Das Team um Dr. Ruchi Mathur vom „Diabetes Outpatient Treatment & Education Center“ am Cedars-Sinai Medical Center in Los Angeles untersuchte 49 erwachsene Menschen (≥ 18 Jahre) mit und 323 ohne Hypothyreose. Bei den Teilnehmenden wurden Dünndarmflüssigkeitsproben genommen und per DNA-Sequenzierung analysiert, um mikrobiologische Unterschiede festzustellen.
Zusätzlich wurde mithilfe einer großen medizinischen Datenbank (TriNetX) über einen Zeitraum von zehn Jahren überprüft, wie hoch das Risiko für eine bakterielle Überwucherung des Dünndarms bei Menschen mit Hypothyreose und bei solchen mit autoimmuner Schilddrüsenerkrankung ist – im Vergleich zu Personen ohne Schilddrüsenerkrankung – und ob eine Hormonersatztherapie (Levothyroxin) einen Einfluss hat.

Was ist eine Dünndarm-Bakterienüberwucherung (SIBO)?
Normalerweise enthält der Dünndarm relativ wenige Bakterien im Vergleich zum Dickdarm. Bei einer bakteriellen Überwucherung des Dünndarms (engl. „Small Intestinal Bacterial Overgrowth“, kurz: SIBO) vermehren sich zu viele Bakterien im Dünndarm oder es siedeln sich dort Bakterien an, die eigentlich in den Dickdarm gehören. Das kann zu Verdauungsproblemen führen, weil die Bakterien Nährstoffe (z. B. Zucker) schon im Dünndarm verstoffwechseln.
Typische Symptome bei SIBO sind:
Blähungen, Völlegefühl
Bauchschmerzen
Durchfall oder Verstopfung
Nährstoffmängel (z. B. Vitamin B12, Eisen) bei längerem Verlauf
manchmal auch ungewollter Gewichtsverlust oder Fatigue
Was fanden die Forschenden heraus?
Patienten mit einer durch Hashimoto-Thyreoiditis verursachten Schilddrüsenunterfunktion leiden häufig an Verdauungsbeschwerden. Zudem entwickeln sie signifikant häufiger als Nicht-Erkrankte eine bakterielle Überwucherung des Dünndarms, wie bereits frühere Studien gezeigt haben.
Wie die Endocrine Society mitteilte, fanden die Forschenden jetzt heraus, dass bei den Teilnehmenden mit Schilddrüsenunterfunktion das Risiko für eine bakterielle Fehlbesiedlung des Dünndarms bei etwa 33 % lag, während es in der Vergleichsgruppe ohne Hypothyreose lediglich bei etwa 15 % lag. Damit haben Menschen mit Hypothyreose ein mehr als 2,2-fach erhöhtes Risiko für SIBO. Für Menschen mit autoimmuner Schilddrüsenerkrankung liegt es laut der Studie sogar noch höher (Faktor 2,4).
Die Verwendung von Levothyroxin in der Behandlung einer Schilddrüsenunterfunktion machte sich allerdings positiv bemerkbar: Die Hormonersatztherapie war mit einer Reduktion des SIBO-Risikos verbunden. Menschen mit Hypothyreose, die behandelt wurden, hatten also ein niedrigeres Risiko als unbehandelte.
Was bedeuten die Ergebnisse für Menschen mit Hashimoto?
Die aktuelle Studie liefert Hinweise darauf, dass die Schilddrüsenfunktion über den bekannten Stoffwechsel- und Hormonbereich hinaus auch stark mit der Darmgesundheit verbunden ist – und zwar wechselseitig.
Laut den Autoren der Studie könnten Betroffene mit SIBO künftig ihre Schilddrüsengesundheit genauer überwachen lassen – und umgekehrt: Eine Verbesserung der Darmgesundheit könnte Vorteile haben, etwa bei der Vorbeugung von Autoimmunerkrankungen wie Hashimoto. Langfristig könnte dies zu einer individualisierteren Betreuung und früheren Interventionen für gefährdete Personen führen.
Die Studie zeigte zudem, dass die Verwendung von Levothyroxin in der Behandlung von Schilddrüsenunterfunktion mit einer Reduktion des SIBO-Risikos verbunden war. Das legt (einmal mehr) nahe, dass die Schilddrüsenhormontherapie, früh und angemessen eingesetzt, nicht nur direkte Beschwerden der Unterfunktion bessern, sondern darüber hinaus Vorteile bringen kann, indem sie nämlich verbundene Gesundheitsrisiken reduziert.
Fazit
Die neue Studie aus den USA, über die die Endocrine Society berichtet, bestätigt: Darmgesundheit ist in jedem Fall ein wichtiges Thema für Menschen mit Hashimoto-Thyreoiditis und sollte stärker in den Fokus von Forschenden und behandelnden Ärzten rücken. Allerdings ist noch weitere Forschung nötig, um zu klären, welche mikrobiellen Veränderungen genau entstehen, wie groß der Einfluss der Hormonersatztherapie ist und wie man individuelle Risikopersonen identifizieren kann.
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