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Thyreotoxische Krise – das sollten Menschen mit Schilddrüsenüberfunktion wissen

Die thyreotoxische Krise ist ein akut lebensbedrohlicher Notfall, der eine sofortige Behandlung im Krankenhaus erfordert. Sie stellt die schwerste Komplikation einer übermäßigen Schilddrüsenhormonkonzentration dar, beispielsweise infolge einer Schilddrüsenüberfunktion. Am häufigsten tritt sie bei Patientinnen und Patienten auf, die an Morbus Basedow erkrankt sind. Leider sind die Anzeichen einer thyreotoxischen Krise schwer zu erkennen. Auch wenn sie selten vorkommt, sollten Menschen mit Morbus Basedow und Schilddrüsenüberfunktion wissen, wie sich eine thyreotoxische Krise äußern kann, welche Auslöser es gibt und was im akuten Notfall zu tun ist.


Was ist eine thyreotoxische Krise?

Bei einer thyreotoxischen Krise kommt es zu einem plötzlichen Versagen mehrerer Organsysteme. In den meisten Fällen tritt sie im Zusammenhang mit einer bestehenden Schilddrüsenüberfunktion auf. Häufig wird sie fälschlicherweise als extreme Form der Schilddrüsenüberfunktion angesehen – diese Gleichsetzung ist jedoch medizinisch nicht korrekt. Um das zu verstehen, muss man zunächst drei Fachbegriffe voneinander unterscheiden:

  1. Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose): Eine Hyperthyreose entsteht durch eine übermäßige Bildung und Ausschüttung von Schilddrüsenhormonen in der Schilddrüse.

  2. Thyreotoxikose: Der Begriff beschreibt die klinischen Symptome, die durch einen Überschuss an T3 und T4 im Körper verursacht werden. Dazu zählen Überfunktionssymptome wie Herzrasen, Nervosität, Schwitzen oder zitternde Hände. Eine Thyreotoxikose kann durch eine Schilddrüsenüberfunktion verursacht werden, aber auch z. B. durch Medikamente ausgelöst werden.

  3. Thyreotoxische Krise: Sie stellt die schwerste Form der Thyreotoxikose dar. Auch hierbei sind die Konzentrationen der Schilddrüsenhormone in den peripheren Geweben erhöht. Ausgelöst werden kann sie durch eine Schilddrüsenüberfunktion, aber auch durch andere Ursachen. Laut Daten aus Japan und den USA erleiden 5 bis 16 % der Patientinnen und Patienten, die aufgrund einer Thyreotoxikose im Krankenhaus behandelt werden, eine thyreotoxische Krise.


Auch wenn sich eine thyreotoxische Krise durch schwere Überfunktionssymptome und stark erhöhte Schilddrüsenhormonspiegel auszeichnen kann, ist sie nicht einfach eine extreme Form der Hyperthyreose. Vielmehr handelt es sich um ein eigenständiges (thyreotoxisches) Krankheitsbild, das am häufigsten bei Menschen mit vorbestehender Schilddrüsenüberfunktion – zum Beispiel aufgrund von Morbus Basedow – auftritt.


herzrasen
Herzrasen


Wie häufig tritt eine thyreotoxische Krise auf?

Die Erkrankung ist mit schätzungsweise 0,2 bis 2 Fällen pro 100.000 Einwohner selten, aber potenziell lebensbedrohlich. Etwa 1–2 % der Patientinnen und Patienten, die aufgrund einer Thyreotoxikose im Krankenhaus behandelt werden müssen, erleiden eine thyreotoxische Krise. Die Sterblichkeit liegt – abhängig von Studie und Krankheitsstadium – trotz rechtzeitiger Behandlung zwischen 8 und 30 Prozent.

Ursachen und Krankheitsverlauf der thyreotoxischen Krise

Die genauen Mechanismen, die zur Entstehung einer thyreotoxischen Krise aus einer Thyreotoxikose führen, sind noch nicht vollständig verstanden. Es handelt sich wahrscheinlich um ein Zusammenspiel von einer übermäßigen Anflutung der Hormonrezeptoren im Körper durch Schilddrüsenhormonen und anderen Faktoren, die schließlich eine unkontrollierbare Dynamik auslöst. Die Menge der zirkulierenden Schilddrüsenhormonen im Blut ist dabei nicht entscheidend, sondern eher die gesteigerte Aktivierung von Hormonrezeptoren in den verschiedenen Organen.

Eine Rolle dürfte zudem spielen, dass die ausbalancierte Wechselwirkung zwischen den Schilddrüsenhormonen und dem sympathoadrenalen System (Nervensystem) gestört wird.

Innerhalb von Stunden oder wenigen Tagen können sich Symptome einer extremen Hyperthyreose wie Zittern, Übelkeit und Herzrasen, begleitet durch Zeichen wie Fieber, Erbrechen und Dehydration, ausweiten zu Bewusstseinsstörungen und Koma. Häufigste Todesursache infolge einer thyreotoxischen Krise ist ein Multiorganversagen mit Herzinsuffizienz, Atemversagen, Herzrhythmusstörungen, akute Gerinnunsstörung, Perforationen im Magen-Darm-Trakt, einer durch Sauerstoffmangel verursachten Hirnschädigung sowie einer Blutvergiftung (Sepsis).

Was sind mögliche Auslöser einer thyreotoxischen Krise?

Eine Thyreotoxikose infolge einer vorbestehenden Schilddrüsenüberfunktion ist häufig Vorbedingung einer thyreotoxischen Krise. Als größter Risikofaktor gilt daher die Autoimmunerkrankung Morbus Basedow, der häufigsten Ursache für Schilddrüsenüberfunktion. Weitere mögliche Ursachen sind ein toxische Schilddrüsenautonomie und multinoduläre Struma.

Zusätzlich kommt häufig noch ein auslösendes Ereignis hinzu, dass die thyreotoxische Krise schließlich anstößt:

  • das Absetzen oder die unregelmäßige Einnahme von Medikamenten gegen eine Schilddrüsenüberfunktion (Thyreostatika)

  • die falsche Einnahme von Medikamenten im Rahmen einer Schilddrüsenhormonersatztherapie

  • Infektionen

  • Operationen an der Schilddrüse oder anderen Organen

  • Geburt,

  • Verletzungen

  • die Aufnahme von Jod von außen (z. B. über Kontrastmittel)

  • Einnahme bestimmter Medikamente wie Amiodaron.

Wie äußert sich eine thyreotoxische Krise?

Die ersten Anzeichen einer Erkrankung, die schließlich in eine thyreotoxische Krise übergeht, können typische Symptome einer Thyreotoxikose sein:

  • Starkes Herzklopfen oder Herzrasen

  • Unruhe, Angst oder Verwirrtheit

  • Starkes Schwitzen

  • Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall

  • Dehydration

  • Muskelschwäche und Erschöpfung

  • Fieber


Die Beschwerden treten meist plötzlich und heftig auf. Da die Symptome der Thyreotoxikose oft unspezifisch sind, werden sie leicht übersehen. In fortgeschrittenen Stadien der thyreotoxischen Krise können schwerwiegende neurologische Symptome wie Bewusstseinsstörungen oder psychotische Zustände auftreten. In besonders schweren Fällen kommt es zu Koma.

Warum ist schnelles Handeln bei einer thyreotoxischen Krise so wichtig?

Eine thyreotoxische Krise ist ein potenziell lebensbedrohlicher Notfall, der umgehend medizinisch behandelt werden muss. Daher gilt: Wenn eine Person mit bekannter Schilddrüsenüberfunktion plötzlich hohes Fieber, Herzrasen, starke Unruhe oder Verwirrtheit entwickelt – sofort ärztliche Hilfe rufen oder den Notruf wählen.

Mit einer schnellen medizinischen Versorgung – in der Regel im Krankenhaus – bestehen gute Chancen, die Krise zu überleben. Entscheidend ist jedoch, dass die zugrunde liegende Schilddrüsenerkrankung im Anschluss dauerhaft und konsequent behandelt wird. Ohne rechtzeitige Therapie verläuft eine thyreotoxische Krise in der Regel tödlich.

Wie wird eine thyreotoxische Krise festgestellt?

Eine thyreotoxische Krise kann durch ein hyperthyreotes Muster in den Blutwerten in Kombination mit klinischen Anzeichen eines Organversagens diagnostiziert werden. Typisch ist dabei ein fast nicht messbar niedriger TSH-Wert, bei gleichzeitig erhöhten Konzentrationen von freiem Thyroxin (fT4) und freiem Trijodthyronin (fT3) sowie ein positiver Nachweis von Antikörpern gegen den TSH-Rezeptor (TRAK).

Eine thyreotoxische Krise lässt sich jedoch nicht immer eindeutig über Laborwerte diagnostizieren. Da die Symptome – wie bei vielen endokrinologischen Erkrankungen – häufig unspezifisch sind und auch die Konzentrationen der Schilddrüsenhormone im Blut nicht immer klare Rückschlüsse zulassen, gestaltet sich die Diagnosestellung oft schwierig. Aus diesem Grund haben sich in der klinischen Praxis bestimmte Score-Systeme etabliert, bei denen typischen Symptomen Punktwerte zugeordnet werden. Je höher die Gesamtpunktzahl, desto wahrscheinlicher ist das Vorliegen einer thyreotoxischen Krise.

Welche Maßnahmen können bei einer thyreotoxischen Krise ergriffen werden?

Eine thyreotoxische Krise erfordert eine intensivmedizinische Behandlung. Spezielle medizinische Geräte ermöglichen dabei die engmaschige Überwachung und Unterstützung lebenswichtiger Körperfunktionen wie Atmung, Herz-Kreislauf-System oder Nierenfunktion (z. B. durch Dialyse). Neben notfallmedizinischen Maßnahmen gehört auch die Wiederherstellung einer normalen Schilddrüsenfunktion zur Therapie. Diese kann auf verschiedenen Wegen oder durch Kombination mehrerer Methoden erfolgen:

  • Radioaktive Jodablation der Schilddrüse

  • Medikamentöse Behandlung (z. B. mit Thyreostatika, Glukokortikoiden, Betablockern)

  • Totale Thyreoidektomie (vollständige operative Entfernung der Schilddrüse)

Fazit

Die thyreotoxische Krise ist selten, aber im Falle ihres Auftretens ist schnelles Handeln entscheidend. Menschen mit einem erhöhten Risiko für eine Thyreotoxikose – also solche mit einer bestehenden Schilddrüsenerkrankung – sollten über mögliche Komplikationen informiert sein. Je früher eine sich anbahnende thyreotoxische Krise erkannt und behandelt wird, desto besser sind die Heilungschancen.

Plötzliche Symptome wie Übelkeit, Herzprobleme und neurologische Beschwerden wie Zittern oder Verwirrtheit sollten bei bekannter Schilddrüsenerkrankung, wie beispielsweise Morbus Basedow, immer ärztlich abgeklärt werden. Eine regelmäßige ärztliche Kontrolle und die konsequente Einnahme von Medikamenten sind entscheidend, um das Risiko einer Krise zu minimieren. 



Schilddrüsenzentrum Bonn-Bornheim
Schilddrüsenzentrum Bonn-Bornheim

 
 
 

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